Da wollte ich kürzlich mehr über eine mir unbekannte Person wissen, die mich um Rat gefragt hatte, und erkundigte mich, ob sie eine Homepage habe. Daraufhin bekam ich den Link zu einer Website eines Hofes mit Gästezimmern, und als ich monierte, ich (als bekannte Nesthockerin) wäre keine Zielgruppe für diese „Werbung“, folgte die Rückmeldung, man hätte Werbung nicht nötig …

Nun sehe ich jede Homepage als quasi Schaufenster und daher Werbung – und zur Werbung im weitesten Sinn gehört ja auch, wie man sich kleidet, wie man spricht – überhaupt alles, womit man sich anderen präsentiert: Man gibt ja immer „Informationen“ von und über sich.

Grobes Verhalten etwa entspricht der Botschaft „Lass mich in Ruhe!“ oder „Wage es nicht noch einmal, dich mir zu nähern!“  bzw. „nicht achtsam / respektvoll / devot genug“, oder „zum falschen Zeitpunkt“ (etwa, wenn man sich im Stress befindet „Siehst du nicht, dass ich jetzt nicht kann!“). Natürlich könnte man das auch sanfter, selbst respektvoller formulieren und intonieren – wenn man sich die Zeit nehmen wollte, zu überprüfen, was da gerade aus dem eigenen Inneren herausströmt. Wenn man jemand umwirbt, tut man das ja auch (außer man hat es noch nicht gelernt) und verbessert es … und wenn man sich das nicht zutraut, „kauft man es zu“ – so wie der schöne aber unbegabte Christian de Neuvillette, der sich seine Liebebriefe an Roxane vom begnadeten Dichter aber durch eine Riesennase verunstalteten Cyrano de Bergerac „ghostwriten“ lässt, der sie ebenfalls anbetet, aber bescheiden sein Inkognito wahrt.

Nur wer sich über alle erhaben dünkt, meint auch, auf Werbung verzichten zu können – Hierarchen etwa, die sich, wie der Name besagt, mit Berufung auf Heiligkeit (Hieros = heilig, archein = herrschen) zu Herrschaft berechtigt fühlen. Sie vergraulen damit auf Dauer aber nicht nur ihre „Kunden“, sondern auch ihre Mitarbeiterschaft – denn diese wären eigentlich ihre besten, weil glaubhaftesten Werbeträger. Diese sind umso glaubwürdiger, je weniger Macht sie haben. Je mehr Macht Mitarbeiter besitzen, desto mehr werden sie „Mitbewerber“ auf gleicher Ebene – wie weit entfernt diese auch liegen mag – oder aber auch „gefährdende Übergeordnete“, die versuchen, andere hinunterzudrücken, wenn sie in Hierarchie „investieren“ statt in echte Kooperation.

Gestern befand sich in allen Tageszeitungen ein Rieseninserat der Ärztekammer, in der vor einer angeblich geplanten Verstärkung der Einflussnahme der Bundesländer auf die Ärzteausbildung und damit Verschlechterung gewarnt wurde. Heute befindet sich in allen Tageszeitungen ein über zwei Seiten bandförmiges Inserat des ORF mit Bildern seiner „Stars“, Slogan „Wenn’s drauf ankommt.“ Ich rätsle: Was bringt mir das als Kundin? Und: Will ich, dass meine Beiträge als Steuerzahlerin so verwendet werden?

Das nur so zum Thema „Führungsansprüche“.