Die ehemalige Nationalratsabgeordnete der Grünen Sigi Maurer ist also (nicht rechtskräftig) wegen Verleumdung verurteilt worden, weil sie den Wahrheitsbeweis nicht antreten konnte, dass ihr Kläger der Urheber des kotz-ordinären Mails war (siehe mein „Brief gegen Gewalt“ Nr. 37 vom 10. Juni 2018), das sie über Facebook veröffentlicht hatte – denn Facebook gilt als Medium (Öffentlichkeit!), daher wird Medienrecht angewendet.

Als ich 1991 von Ernest Borneman wegen übler Nachrede, Kreditschädigung etc. geklagt worden war, wurde ich in allen Instanzen freigesprochen – in der ersten sogar durch den, wie es hieß, der FPÖ nahestehenden Medienrichter Ernest Maurer (welche Namenszufälle!);  er hatte mir zugestanden, in dem inkriminierten Interview mit der Kulturkritikerin Sabine Perthold als politisch engagierte Frauen- und Kinderrechtlerin gesprochen zu haben und zitierte dazu ein früheres analoges Urteil, das für Peter Michael Lingens mit eben solcher Politberufung positiv ausgegangen war. Ich hatte Borneman als „senil“ bezeichnet – und konnte diese Diagnose zwar theoretisch begründen aber mangels neurologischer Untersuchung nicht praktisch durch den gesetzlich geforderten „Wahrheitsbeweis“ fundieren. Ich denke, diese Argumentation wäre auch bei Sigi Maurer wohlangebracht.

Außerdem wäre es auch sinnvoll, bei allen Fällen von verbaler sexueller Gewalt den ausgelösten (und fast immer beabsichtigten) Schockzustand der so Insultierten als Gesundheitsschädigung zu bewerten – denn das ist sie, und auch die hämischen Postings, die Sigi Maurer dafür nun über sich ergehen lassen muss (https://wien.orf.at/news/storied/2940664), weil sie sich mit dem einzigen Mittel verteidigt hat, das ihr zur Verfügung stand (und wie ich in meiner Fachpublizistik immer betone): Gegen Gewalt hilft nur Öffentlichkeit.

Am gleichen Tag ist zu erfahren, dass Politikberater (und Redenschreiber für Christian Kern) Rudolf Fußi davon freigesprochen wurde, dass er eine Wahlkampfmitarbeiterin mit Droh-Botschaften auf WhatsApp und anderen Nachrichtendiensten in Angst versetzt (auch eine Gesundheitsschädigung!) habe, denn er argumentierte, er habe sich „in einer enormen Ausnahmesituation befunden“, sei „wahnsinnig sauer“ gewesen und habe „nur seinem Unmut Ausdruck verleihen“ wollen (https://www.oe24.at/oesterreich/politik/Causa-Silberstein-Fussi-war-wahnsinnig-sauer/3515819195).

Jetzt frage ich mich: Liegt es einfach am Geschlecht, dass Männer Unmut (bekanntlich ein Gegenteil von Mut!) ausdrücken dürfen, Frauen aber nicht?

Oder muss man nur das Wort „wahnsinnig“ benutzen um das „Privileg der Unzurechnungsfähigkeit“ (Achtung: Scherz!) zu erlangen?