In einer Anfrage für ein demnächst kommendes Interview wurden mir folgende Fragen angekündigt:

Interessant sind dabei Fragen wie:

    • Welche Rolle spielt Resilienz in einer Krise wie der aktuellen?
    • Wie können Unternehmer – vor allem jene, die seit Monaten ihre Betriebe geschlossen halten müssen – aktuell ihre psychische Widerstandskraft stärken? Welche Techniken und Methoden können helfen, Optimismus zu bewahren, ohne den Kopf in den Sand zu stecken?
    • Frauen sind in der Krise stärker belastet – das trifft auch auf Unternehmerinnen zu. Was können die Betroffenen – im speziellen wieder selbstständig tätige Frauen – tun, um gestärkt aus der Krise zu kommen, um auch genug Power zu haben, um danach richtig durchstarten zu können?

Die Beantwortung ist gar nicht so einfach – denn ich warne, seitdem dieser „Modebegriff“ populär aufgetaucht ist, davor, dass das Phänomen der seelischen Widerstandskraft mancher Menschen als Anforderung missbraucht werden kann – oder als Werbeslogan für Seminare oder andere einschlägige Dienstleistungen.

Dass Arbeitgeber oder andere Vorgesetzte (z. B. Eltern) sich wünschen, dass ihre „Untergebenen“ (Kinder) von vornherein alles Widrige aushalten, sie sich deshalb nicht um besondere Achtsamkeit oder seelische Erste Hilfe kümmern müssen, ist aus deren Sicht zwar verständlich … es widerspricht aber deren (gesetzlich verankerten) Fürsorgepflichten.

Dass Menschen, egal wie alt sie sind, sich durch solche Forderungen verunsichern lassen (und dann nach Trainings oder psychosozialen Dienstleistungen suchen), gründet auf den traditionellen gezielten „schwarz-pädagogischen“ Erziehungsmaßnahmen, mit denen noch immer viele Menschen ihre persönlichen Interessen, darunter vor allem ihre Dominanz – und damit Unterwerfung anderer – absichern wollen.

Nun ist stützende Begleitung in solchen Situationen sicherlich hilfreich, egal ob durch Angehörige von Helferberufen oder „nur“ einfühlsamen Freunden und Freundinnen, die sogar oft erfolgreicher, wenn sie – hoffentlich – frei von finanziellen oder Profilierungsabsichten (z. B. Helfersyndrom) sind; Profis stehen ja oft unter Druck, auch professionell zu „werben“, und dazu gehören logischerweise auch Erfolgsversprechungen.

Nun ist Resilienz aber eine Folgeerscheinung, und zwar eine begrenzte. Es können immer neue, noch nie gedachte Krisen auftreten, individuelle wie auch kollektive – und diese zu bewältigen kann man nicht präventiv „lernen“. Dies funktioniert nur durch das Überstehen solcher Krisen, wenn (aus meiner psychotherapeutisch-wissenschaftlichen Sicht) damit „neue Wahrnehmungs- und Handlungsnervenzellen entwickelt werden“. Wege dazu habe ich in etlichen meiner Bücher ausführlich beschrieben (s. Startseite von www.perner.info). Das geschieht nämlich unbewusst.

Was man allerdings kann, ist den eigenen Stresspegel bewusst zu minimieren – beispielsweise durch individuell abgestimmte Ernährung oder Gymnastik bzw. körperliches Training (wie auch Atemkontrolle) und kritische Beobachtung der eigenen Gedankenmuster. Aber das sind nur kleine Bausteine – der größte Baustein ist die Selbsterkenntnis, was alles die ursprünglich vorhandene Kraft nimmt – vor allem auch, welche Menschen und welche Kommunikation.

Resilienz entsteht aus der konkreten Bewältigung solcher Situationen, in denen jemand „der Boden unter den Füßen weggezogen wird“, wenn man spürt, dass man an die Grenze des derzeit Erträglichen angelangt ist. Alles andere ist Selbstdramatisierung – oder Selbstverhärtung.

Ich betone immer wieder: „Das, was krank macht, ist die Lüge – auch die Selbstbelügung! – und was heilt, ist die Herstellung von Wahrheit, der äußeren, wie der inneren.“

Autosuggestionen wie die des findigen Apothekers Émile Coué (Émile Coué – Wikipedia) zählen dabei meist zum Selbstbetrug; will man „etwas“ (sich, die äußeren Umstände, etc.) wirklich autosuggestiv ändern, braucht es mehr als nur Rituale, und solch eine umfassende (ganzheitliche) Gedankenkraft-Umkehr braucht eine ganzheitliche (d. h. interdisziplinäre) Seelenbegleitung. Und genau deswegen sollte man sich kritisch die – öffentlich überprüfbare! – Biographie der gewählten Begleitperson ansehen!