Krone-TV-Journalistin Damita Pressl wurde von einem vorbei radelnden Mann auf den Hintern gegriffen (https://www.heute.at/s/zittere-vor-wut-mann-begrapscht-tv-lady-damita-pressl-am-hintern-100086482) – und der wurde trotz ihres Schreiens von niemand gestoppt. Das zum Thema österreichische Zivilcourage.

Ich erinnere mich, anlässlich des Freispruchs des Täters in einem ähnlichen Fall in Graz während einer Straßenbahnfahrt in Wien Ohrenzeugin des Gesprächs zweier vor mir sitzender Jugendlicher (vermutlich so 12, 13 Jahre alt) geworden zu sein, in dem sich die beiden beim Lesen der Prozessberichterstattung in der dort allgegenwärtigen Gratiszeitung belustigten: „Das darf man also?“ Das Gericht hatte nämlich befunden, das Gesäß wäre kein „Geschlechtsteil“ (http://community.trans-austria.org/forum/showthread.php?tid=509). Nie was von erogenen Zonen gehört? Und dass der ganze Körper zu solch einer werden kann … (Männer denken halt oft nur an eine einzige Stelle …) Sexuologischer Nachhilfeunterricht wäre da dringend nötig! Das nur zum Thema Sexualpädagogik in Schulen und zu Ethikunterricht für alle.

Und auch für Ärzte. Ich erinnere damit an den seinerzeitigen Nationalratsabgeordneten (zuerst Team Stronach, dann ÖVP, nach Ausschluss „wild“) Marcus Franz, der sich zu äußern beliebte, man müsse überprüfen, „ob der Popsch hält was der Blick verspricht“ (https://www.derstandard.at/story/2000013948051/team-stronach-mandatar-outet-sich-als-pograpscher). Das zum Thema Fürstenallüren der Ewiggestrigen … wir sind aber im 3. Jahrtausend. Und dann lese ich heute in „Mein Bezirk“, dass in Korneuburg zwei österreichische Staatsbürger (weshalb der ausdrückliche Hinweis?) vor Gericht standen, 18 und 20 Jahre alt, die bei einem Wiesenfest eine 17jährige an Busen und Po begrapscht hatten, und als diese sich mit einer Ohrfeige wehrte, auf sie zurückschlugen (hab ich ja auch vor 3 Jahren erlebt) und ihrem schützend eingreifenden Freund einen Stirnhöhlen- und Nasenbeinbruch zufügten. Leider gab es nur Bewährungsstrafen.

Offenbar müssen all diese Männer erst erleben, dass ihre Töchter oder Mütter derart verletzt werden (Ehefrauen bekommen meist Vorwürfe, dass sie nicht besser auf sich aufgepasst hätten), dass sie sich gegen diese Rüpel stellen und nicht abwiegeln, verharmlosen oder verblödeln. Diese Über-Griffe sind nämlich nicht nur „Beleidigungen“, sondern können tatsächlich organische Veränderungen im Gehirn bewirken, wie der Neuroimmunologieprofessor Joachim Bauer in seinem Buch „Schmerzgrenze“ darlegt. Gehirnscans machen diese Beobachtungen möglich. Ich habe oft genug Frauen – und gelegentlich auch Männer – als Psychotherapeutin begleiten dürfen, die durch derartige Übergriffe traumatisiert und in ihrer Lebensführung arg beeinträchtigt gewesen waren.

Warum reagiert niemand? Warum kann sich niemand vorstellen, was es für eine 16jährige und ihr Sicherheitsgefühl bedeutet, wenn ihr plötzlich ein Mann mit der Hand zwischen die Beine fährt? Gibt es Protest (und Klagen bei Gericht) nur, wenn ein Mann (konkret war es damals auch wieder ein Politiker) einen anderen (einen unliebsamen Rechtsanwalt) in einer Bar in die Hoden zwickt?

Was mir in meiner Praxis aufgefallen ist: Was Männer in geschlossenen Räumen erlebten, wurde Frauen auch auf der Straße angetan – in aller Öffentlichkeit. So sicher fühlen sich die Täter. Das muss sich dringend ändern.