Wenn zwei das Gleiche tun, ist es nicht dasselbe.

Als Wiens Bürgermeister Helmut Zilk wenige Tage nach dem Briefbombenattentat im Dezember 1993 mit einem Kreuz in der nicht verstümmelten Hand vor die Presse trat, beeindruckte der Sozialdemokrat – noch voll Wunden im Gesicht – mit der Einsicht, dass aller Leben in Gottes Hand liege (https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/253057_Helmut-Zilk-und-seine-drei-Leben.html).

Als Jahre später H. C. Strache 2009 mit einem Kreuz in der Hand mahnend gegen den Bau einer Moschee in Wien wetterte (https://www.krone.at/1636648), stand er hingegen nicht im Geiste des Evangeliums und des Respekts für aller Leben – auch wenn es das von Feinden ist.

Gegenwärtig ist es Donald Trump, der sich von einer Polizeieskorte durch eine Demonstrantenmenge den Weg zu einer Kirche frei bahnen lässt um sich mit der Bibel in der Hand ablichten zu lassen, nachdem er sich zuvor andernorts als „Law and Order“-Garant deklarierte und Militäreinsatz angedroht hatte (https://orf.at/stories/3167974/). Was hat das mit der Bibel zu tun, fragen sich jetzt viele. Oder ist es nur eine verwirrende Aktion – wie so viele des US-Präsidenten?

Nicht verwirrend – in Hinblick auf das Friedensgebot der Bergpredigt – sondern gewollt einschüchternd: Sich auf eine Heilige Schrift zu berufen, beinhaltet zweierlei Bedeutung. Einerseits wird damit all denen, für die solch ein Buch letzte moralische Instanz besitzt, jede Kritik und jeder Zweifel an demjenigen, der sich darauf beruft, verboten. Andererseits werden damit harte Maßnahmen gegen alle, die dem „Mann mit der Heiligen Schrift“ oppositionell gegenüberstehen oder gegenreden, gerechtfertigt. Es ist eine taktische Berufung auf eine höhere Macht (die höchste für die Christenheit) – ohne darauf Rücksicht zu nehmen, was tatsächlich in deren Sinn liegt

Ich nenne so etwas Missbrauch.