Unter mentaler Gewalt verstehe ich (ergänzend zu körperlicher, seelischer aber auch finanzieller und struktureller Gewalt) bewusste geistige Verdummung. So etwas reicht von „kreationistischem“ Schulunterricht (wenn etwa naturwissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert werden und fest behauptet wird, die Welt wäre tatsächlich – also nicht nur als poetisches Gleichnis – von einem Schöpferwesen in sieben Tagen erbaut worden) bis zu den Gehirnwäschen in kommunistischen Diktaturen (wie z. B. Mao Zedongs China). Manches, was heute als Satire verteidigt wird, fällt für mich auch unter diesen Begriff – dann wenn damit Wunschdenken oder Propaganda als Realität beschrieben und als „Spaß“ verteidigt wird – oder, wie im Falle von Heiratsschwindlern, als Zukunftsversprechen.

Sprung in die Gegenwart der Politikerversprechen: Gelegentlich bekomme ich den Kontrastnewsletter, ein Produkt aus dem Parlamentsklub der SPÖ (das Nachfolgeprodukt des „Kontrast-Blogs“ unter Christian Kern).

Dabei  registriere ich genau, welche anderen davon ich nicht erhalte, die aber von hyperaktiven alten SP-FreundInnen auf Facebook breit gespamt werden (Scherz!).

Letzthin (21.09.) kam einer, „So könnte Österreich aussehen, wenn es eine linke Mehrheit gäbe“, und zwar so: „Jeder, der arbeiten will, hätte einen Job. Es gäbe einen Mindestlohn von 1.700 Euro und das steuerfrei. Wohnungen wären deutlich günstiger. Wer krank wird, bekäme die beste Betreuung und jeder, der Pflege benötigt, wird gepflegt – unabhängig vom Geldbörsel. Männer und Frauen würden für die gleiche Arbeit gleich viel verdienen und jedes Kind hätte von Anfang an die gleichen Chancen. Wir könnten von Eisenstadt bis Bregenz mit öffentlichen (Sic!) Verkehrsmitteln überall hinfahren und das für 3 Euro pro Tag.“

Auch wenn Bruno Kreisky sagte, Staatsschulden machten ihm weniger Sorgen als Arbeitslose: In den 1970er Jahre, unter „linker“ Alleinherrschaft hatte auch nicht jeder und jede, der und die arbeiten wollte, einen Job und gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten — das war (und ist!) all die Zeit über nur ein Lippenbekenntnis geblieben (besonders unter den führenden — männlichen — Gewerkschaftern, die andere Prioritäten haben – ich erinnere an Verzetnitschs Penthouse und Billigdomizil). Ich habe die Klagen der Gewerkschaftsfrauen oft genug gehört! Bei und nach meinen Vorträgen – aber ich war auch selbst Funktionärin, allerdings bei den Journalisten – damals noch ohne gegenderte Bezeichnung). In George Orwells bissiger Fabel „Farm der Tiere“ (einer Parabel auf die Sowjetunion aus 1945) fordert auch das „revolutionäre“ Schwein Napoleon Gleichheit für alle Tiere – außer für sich selbst, denn: „Alle Tiere sind gleich – aber manche sind gleicher!“ (Das nur zu „günstigeren“ Wohnungen etc …)

Auch dass Kinder von Anfang an die gleichen Chancen haben, ist ein Irrtum. Von den gesetzlichen Rahmenbedingungen schon – das wurde schon unter Kreisky verwirklicht (freie Schulbücher, Stipendien etc.). Tatsächlich gibt es aber keine Chancen-Gleichheit, denn Chancen werden durch streitende oder kranke oder absente Eltern vermindert oder auch zerstört, oder durch insuffiziente Lehrpersonen, boshafte SchulkollegInnen oder NachbarInnen – und sogar durch gegen-intervenierende PolitikerInnen. Habe ich mehrfach live miterlebt (und schäme mich heute, dass ich damals meine Empörung nicht laut ausgedrückt habe).

Was es mit der „besten“ Betreuung und Pflege auf sich hat, enttarnt sich durch Realitätssicht auf öffentlich gemachte Beschwerden (inklusive Hinsicht auf die Überforderung pflegender Angehöriger, Kinder mitgemeint).

Und dass die Reisekosten-Rechnung mit den 3 Euro darauf basiert, die Gesamtsumme des Jahrestickets (das sich kaum jemand „an der Basis“ wird leisten können) durch die Tage eines Jahres – das man für den „Bonus“ als Ganzes buchen müsste – zu teilen, sollten hoffentlich alle erkennen, die rechnen können.

Unter allen, die um jemand anderen werben, gibt es halt immer auch Heiratsschwindler.

Aber ja – es ist noch viel zu verbessern, und das funktioniert am besten durch sachliches, d. h. leidenschaftsloses (!) Aufzeigen des Ist-Zustands, gemeinsames Suchen nach Lösungen und kooperatives Miteinander (übrigens der Wahlslogan und vorgelebte Stil von Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner!).

Geschichtstreu soll zuletzt erinnert werden, dass diese oben zitierten Zukunftsversprechen bereits weitgehend genauso unter „linker Mehrheit“ verwirklicht wurden: In der DDR nämlich. Halt auf Kosten von Freiheit.