Als ich Mandatarin der politischen Partei war, die ich seit 1967 und noch immer mit meinem Mitgliedsbeitrag unterstütze – denn wenn die „alte Dame“ schon recht senil ist und mich nicht mehr kennt, hab ich sie noch immer in lieber Erinnerung – absolvierte ich mit viel Interesse und Engagement alle angebotenen Schulungen; damals gab es noch keine Parteiakademie, die wurde erst später gegründet, aber es begannen sich viele – vor allem Männer – um parteiinterne Trainerjobs „zu reißen“. So wie sie sich halt dachten, dass man trainieren müsse.
Wir Nachwuchspolitiker_innen trainierten z. B. weit vernehmbare „zufällige Gespräche in der Straßenbahn“ mit gezielten Werbebotschaften; heute läuft das wohl über Facebook und Twitter.
Wir trainierten im Sprachlabor „Verunsicherungssätze“: für Menschen mit weniger Bildung „Soziologensprache“, für Menschen mit mehr Bildung möglichst ordinäres „Anpatzen“.
Dass ich mich später, nachdem ich mich zur Psychoanalytikerin und Psycho- sowie auch Sozialtherapeutin ausbilden hatte lassen, aus meiner Mandatarschaft verabschiedete, hatte vor allem damit zu tun, dass ich den Stil des Umgangs mit politischen „Gegnern“ – nicht „Mitbewerbern“, wie der Sprachgebrauch in anderen Parteien lautet – als Gesundheit schädigend erkannt hatte. Im Vergleich zu US-amerikanischen Wahlkämpfen, besonders dem gegenwärtigen von Donald Trump, war das zwar nur Rotstufe 3 gegenüber Rotstufe 9 oder 10 (wenn ich an die indirekte Morddrohung gegen Hillary Clinton denke, 10 wäre die direkte Aufforderung) – aber es waren persönliche Diffamierungsversuche und nicht sachliche Kritik. Die braucht nämlich Inhalte und Argumente – keine „Sager“ – sondern Verzicht auf Schlagzeilen. Schlag-Zeilen!
Das ist die eine Hälfte der Medaille, die da heißt „Polit-PR“.
Die andere Hälfte gehört den Medien, die ihre Produkte spannend füllen müssen … aber muss Spannung in einer Welt zunehmender Gewalt mittels hohem Aggressionsniveau erzeugt werden? Oder „tief“ im Sinne von Schlamm im Untergrund? Warum nicht hohes Ausklärungsniveau oder sachlicher Tiefgang?
Warum muss Kritik (Karmasins an der mangelnden Frauenquote des ÖGB, Der Standard, 6. 8. 2016) als „Sticheln“ bezeichnet werden? Oder Niessls Phantasie über ÖVP-Geheimpläne als „Quertreiberei“ zitiert werden?
Ich erinnere mich, dass Ursula Plassnig, damals Außenministerin, eine Replik auf die Kronenzeitung mit „unaufgeregt“ unterzeichnete. Solch eine Geisteshaltung und Sprache wäre sowohl den Polit-Chronisten als auch ihren Inhalt-Lieferern wohl anzuraten.
Ergänzung: Auch mir drängen sich oft inkorrekte Sprachbilder auf – aber ich übe mich darin, darauf zu verzichten. Ich mag mich nicht zur „Waffe“ machen (lassen).