Dass etablierte Parteien keine Freude haben, wenn ein – aus welchen Gründen auch immer nicht mehr in ihren Reihen „glänzender“ – „Stimmenfänger“ mit einer Neu-Partei-Gründung herausfordert, ist verständlich. Dass versucht wird, den für den Wahlantritt wesentlichen Wohnort mit gezielten Medienschlagzeilen in Frage zu stellen, auch – und auch, wenn sympathisierende Medien die antipathisierende Wählerschaft indirekt auffordern, die angebliche Verletzung des Meldegesetzes anzuzeigen (https://www.epaper-oesterreich.at/issue.act?mutationShortcut=CITYW&issueDate=20200805&issueId=744296).

Wo hat nun aber jemand wirklich seinen Lebensmittelpunkt? Dort, wo er schläft? Bei dem/r außerehelichen Geliebten? Am Arbeitsplatz, wenn er oder sie dort voll Freude – allen Arbeitszeitverkürzungsforderen gesagt: Ja, das gibt’s! – zwei Drittel des Tages verbringt? Wonne-Europäer, die mal da, mal dort leben – wie etliche KünstlerInnen? Wo hatte der unvergessliche Marcel Prawy seinen Lebensmittelpunkt? Im Hotel Sacher, wo er „lozierte“ – oder in der Staatsoper?

Und heuer, im Corona-Jahr? Einer meiner Söhne, gemeldet in Wien, teilzeitangestellt in unserer Firma in NÖ, jahreszeitlich teilzeit-arbeitend in einem anderen Bundesland, hat mich – Angehörige der Hochrisikogruppe – und meinen anderen Sohn – auch Risikopatient – vier Monate vor Ort betreut, und als ich ihn fragte, antwortete er klar, sein Lebensmittelpunkt ist Wien Innere Stadt.

Die Meldeadresse hat heutzutage doch eher nur mehr aus statistischen Gründen Relevanz – seit der Änderung des Zustellgesetzes fällt diese Begründung weg: Hinterlegt gilt als zugestellt. Wer mehr Sicherheit will, muss sich eine Postnachsendung kaufen. Und wenn die Polizei jemanden sucht, ist Handy-Ortung erfolgversprechender als eine nächtliche Razzia. Dass außerdem immer wieder Menschen erfolgreich untertauchen – zumindest kurzfristig – lesen wir tagtäglich in den Chroniken der Massenmedien.

Auch lesen wir, dass „Verweigerer“ vermehrt gegen die „paternalistische“ Fürsorge des Staates – sprich die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht – und für „Freiheit“ (sich oder andere anzustecken, „natürlich nicht absichtlich“ … Achtung: Satire!) protestieren. Das gefällt mir gar nicht.

Sehr wohl gefiele mir aber, wenn jeder volljährige Mensch seinen Lebensmittelpunkt selbst bestimmen könnte, ohne durch unpassende Gesetzesvorgaben zu Unwahrheiten gezwungen zu sein, denn: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ (Matthäus 6,21)