In meinem letzten Buch (das 66. oder 67. – habe den Überblick verloren … alle auf www.perner.info unter Publizistik/Bücher) „Pflegen – ohne auszubrennen“ habe ich betont, dass Pflege ein kreativer Akt ist. Es ist nachher nicht mehr so wie vorher, und: Wenn man für eine bestimmte „Herausforderung“ – noch – kein „Rezept“ weiß, muss man kreativ werden und eines erfinden.

Leider trauen sich das nur diejenigen, die sich ihrer Erfindergabe sicher sind – und das ist man immer erst im Nachhinein, und auch erst durch anerkennende Rückmeldungen.

Bei Erfindungen denken die meisten an die weltberühmten Erfinder wie Edison oder Tesla – oder auch an Daniel Düsentrieb aus den Mickey Mouse Hefterln. Bei Designern ist es schon etwas anderes – da muss es jemand schon in die Rangliste der weltberühmten Modeschöpfer:innen gebracht haben, vielleicht noch ein Kultmöbelstück erfunden haben …  während man Architekt:innen eher als Baumeister oder aber Künstler (und immer männlich) sieht, denn als Kreative. So wird ja auch die österreichische Architektur-Pionierin Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000) primär nur von Frauen gewürdigt, denen sie mit ihrem Entwurf der Frankfurter Küche viele unnötige Gänge zwischen Herd, Kredenz, Tisch und Waschbecken ersparte, und ihre Idee des Ein-Küchenhauses überhaupt als unrealistisch belächelt – hätten da ja die Frauen (und vielleicht sogar Männer?) eines Mehrparteienhauses einander kennenlernen, unterstützen und vielleicht auch Solidarität entdecken können …

Die Kreativität der Frauen der Endkriegsjahre des II. Weltkriegs und kurz danach wird ebenso ignoriert. Sie werden nur als „Trümmerfrauen“, die statt der fehlenden Männer den Schutt wegräumten, gewürdigt – dabei wären sie gerade jetzt, so sie noch leben, Ratgeberinnen für materielle (z. B. wie kochen, wenn viele Lebensmittel fehlen) wie auch psychische Krisenbewältigung (z. B. wie einander Beistand spenden, wenn man selbst am Verzweifeln ist).

Kreativität ist nicht nur etwas, das sich verkaufen lässt. Soziale Kreativität besteht etwa auch darin, Worte für bisher Unaussprechliches zu finden. Oder für neue Formen der Organisation – z. B. des Schulunterrichts, der Konfliktlösungen, der politischen Mitbestimmung etc.

Allerdings braucht Kreativität Mut – denn oft folgt auf Neues sofort ein Verhinderungsimpuls, und oft sogar aus der eigenen Seele. Was man – noch – nicht kennt, macht oft Angst, sich selbst wie auch den Anderen, und man „macht zu“, verengt sich geistig und leider auch körperlich, und stoppt so den Gedankenfluss.

Wie also Kreativität fördern? Indem man sich Entspannung erlaubt, Trödeln, Träumen, Phantasieren … auch wenn all dies in der Kindheit verboten wurde, frei nach dem Motto „Wer nichts zu tun hat, kommt auf dumme Ideen“. Ich ersetze das Wort „dumm“ durch „unerwünscht“ und erinnere, dass wir selbst unsere eigene Schöpfungskraft wertschätzen müssen, und wenn es „nur“ beim Kuchenbacken oder Stricken ist – denn andere werden es meist erst tun, wenn sie einen (Geld- oder Ruhm-)Vorteil dadurch gewinnen.