Zuerst sagte Susanne Riess, „Unterm Haider hätt’s das nicht gegeben“ zum Verhalten des „obersten Impftroll Österreichs“ (Copyright Hans Rauscher Kickl und Cluster – Hans Rauscher – derStandard.at › Diskurs) Herbert Kickl, und tags darauf taucht Haiders Permanentsager von der „Jagdgesellschaft“ auf – damals hinter der FPÖ her (heute nicht?) und aktuell hinter Altkanzler Kurz, und sofort finden sich Abwiegler, die diese Jagd in Abrede stellen.

Ich tue das nicht, denn ich war mehrfach auch Ziel organisierter medialer Hetzjagden auf mich. Beim ersten Mal schockiert, später, meiner Naivität verlustig gegangen, beinahe routiniert in Krisenkommunikation – weh getan hat es immer, vor allem auch meinen Söhnen. Gottlob erwiesen sich mir kaum Bekannte als Freunde, die mir Beistand gaben, wie Kurt Bergmann, der mir damals anvertraute, „Die Zeitung von heute ist das Klopapier von morgen!“ Nunmehr  weiß ich: Man muss immer mit „psychologischer Kriegsführung“ seiner Konkurrent:innen rechnen – nicht nur in der Politik (deswegen habe ich nach 15 Jahren politischer Mandatstreue sofort abgesagt, als ich 1994 flüchtig als Gesundheitsministerin angefragt war), sondern ebenso, wenn es um Aufträge oder Auszeichnungen geht. Der aus Liebe in Wien hängen gebliebene international hoch angesehene Pädagoge Frederick Mayer, einer meiner Mentoren, sagte immer: „Der Neid ist die österreichische Krankheit.“ Wenn man das berücksichtigt, ist es unklug, seine (politischen) Werbestrategien auf eine einzige Person auszurichten, denn je mehr diese mediale Aufmerksamkeit bekommt, desto mehr wurmt das die „Mitbewerber“. (Da hilft dann auch kein Pferde-Entwurmungsmittel – Scherz!)

Helfen würde mehr neutrale (!) mediale Information, wie es sich in Wirklichkeit in Parteien und deren Einfluss auf Verwaltungsspitzen abspielt. Dass etwa nicht Minister:innen „abberufen“ werden, sondern dass sich jede Person an der Spitze ihr Team aussucht, manchmal indem sie ihre Funktionsbereitschaft davon abhängig macht, manchmal indem lange Zeit um Ausgewogenheit gerungen wird. Ich habe in meiner Mandatszeit immer wieder erlebt, dass die Auswahl in meiner Partei davon abhing, wie viele Mitglieder in der jeweiligen „Sektion“ oder Vorfeldorganisation von potenziellen Kandidat:innen vermutlich (auch finanziell) „aktiviert“ werden konnten – also von der Mitgliederzahl der präsidierten Organisation, aber nicht von Beliebtheit in der Bevölkerung – das kam erst in den 1990er Jahren auf – und selten von Qualifikation oder Kompetenz.

In diesen 1990er Jahren kamen dann auch die Berater an die Macht – die Spindoktoren, Mediencoaches, Meinungsforscher etc. – von  denen die wenigsten ideologisch-inhaltliches Know How besaßen, dafür aber Medienerfahrung. Ich saß oft als stille Zuhörerin dabei, wenn Jagdstrategien lustvoll ausgeknobelt wurden – und als ich mich durch meine psychoanalytische Ausbildung veränderte, wurde mir das immer mehr zuwider.

Heute ist das Standard geworden. Vielleicht bin ich altmodisch, wenn ich mehr ausdrückliche Ideologie erwarte und fordere; auch wenn ich zumindest Neoliberalismus deutlich erkennen kann, will ich, dass politische Positionen klar dargelegt werden, auch gegen Widerstand, so wie es Leonore Gewessler macht (was nicht heißt, dass ich Positionen teile – aber auskennen will ich mich).