Humor, das habe ich im Buch „Heilkraft Humor“ zu zeigen versucht, besteht nicht im Witze machen und auch nicht darin, sich alles gefallen zu lassen, sondern in einer bewussten und kreativen Art auf Ereignisse, die emotional bewegen, zu reagieren. Und ich habe auch versucht, die Unterschiede zwischen Albernheit, Ironie, Parodie, Satire, Witz etc. zu verdeutlichen.

Aber grundsätzlich liegt es daran, einen geistigen Rösselsprung zu vollziehen um nicht auf plumpe Aggressivität zurückzugreifen, wenn einem oder einer etwas nicht passt – vorausgesetzt es liegt eine Situation vor, in der man genug Zeit hat zu reden. Bei körperlichen Attacken ist das nicht der Fall.

Sigmund Freud hat in seiner Abhandlung über den Witz und seine Beziehung zum Unbewussten deutlich gemacht, dass es tendenziöse und tendenzfreie Witze gibt. Tendenziöse machen irgendjemand oder irgendetwas herunter. Sie sind subtil oder auch manifest gewalttätig und dienen damit der eigenen Erhöhung über andere – oft solche, die eine/n verunsichern. Aber muss man in jedem Fall gegen diese Art von Gewalt protestieren?

Nehmen wir den Felix-Baumgartner-Sager als Beispiel, dass er gerne „auch ohne Fallschirm“ – wie denn sonst? Oder ist das sein Codewort für Kondome? – den Palmers-Plakatmädchen zwischen die Beine springen würde. Hat halt mit dem Unterleib reagiert, der „Extrem-Sportler“; sollte wohl witzig sein, extrem halt, und wer auch solch einer wie er sein will, wird wohl johlend zugestimmt haben – und die Tendenz darin nicht einmal bemerken. Aber wie der weltberühmte Kärntner Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick so treffend hinwies: Immer wenn jemand etwas von sich gibt, gibt er etwas von SICH. Dass Baumgartner auf die folgende Kritik diskriminierungsbewusster Frauen an seinem Altmacho-Spruch nur mit Häme an deren angeblich mangelnder Attraktivität zu antworten wusste, zeigt, abgesehen von der eines Sportlers unwürdigen Unfairness, nur nochmals, dass er nicht verstanden hat: Es geht nicht darum, welche Frauen-Gestalten er attraktiv findet oder nicht (das interessiert vermutlich niemand), sondern dass er nicht versteht, dass Magermodel sein bedeutet, die Gesundheit zu ruinieren. Aber das hat er ja auch riskiert … also wird er diesen Aspekt wohl immer abwehren. Hauptsache, er hat Eingang in den Medien.

Anders hingegen Andreas Gabaliers Kopftuch-Statement: Obwohl auch er eher ein altmodisches Männerverhalten zelebriert, zeigt die Verbindung von rotkarierter Bauern-Kopftuch-Solidarität kombiniert mit einem Kernöl-Stamperl, weil ja auch der Zeitpunkt kommen könnte, wo das Magenbitter-Stamperl verboten wird, von inspirierter Kreativität und Mut zur Selbstpersiflage im alkoholseligen Österreich (OE 24 am Morgen, 3. 5. 2017). Muss einen tollen Gag-Erfinder haben – oder selbst noch wenig bekannte Komiker-Qualitäten (außer seinem Hüftschwung).

Humor besteht darin, nicht unbedacht überzureagieren, sondern Alternativen zu bedenken und zu praktizieren. Es gibt so viele Formen von Humor – den trockenen beispielsweise oder den „luftigen“. Aber halt auch Humorlosigkeit. Jetzt hat die Polizeigewerkschaft gegen die letzte „Tatort“-Folge protestiert (Kurier vom 3. 5. 2017, S. 18) – wie wenn das Publikum nicht wüsste, dass Filmdrehbücher Fiktionen sind, außer es heißt ausdrücklich „nach einer wahren Begebenheit“. Aber sogar bei der Blödelserie „Kottan ermittelt“ gab es deren Proteste – dabei gehören Polizisten zu den am meisten und dazu positiv gezeichneten Serienheld/innen.

Ich rate  bei solchen „Erregungen“ immer zum salutogenen „Energiesparen“ – außer das Strafgesetz wird verletzt, da muss die Energie „geerdet“, d. h. der Polizei zugeführt werden – oder „Energiespeichern“. Dieses hat Bundeskanzler Kern humorvoll demonstriert, als er sein brandneues Linolschnitt-Konterfei à la Sowjetkunst der 1920er Jahre auf einer ÖVP-Broschüre gegen Rot-Grün sogleich für sein Facebook-Profil nutzte. (Eh klar – so fesch wie auf der Grafik ist er ja kaum auf einem seiner sonstigen Portraits!)