Da lese ich doch am 17. 9. auf Seite 25 im Kurier, dass es wiederum modern geworden wäre, dass Mütter und Töchter im Partnerlook aufträten. Dazu wird eine Modehistorikerin zitiert, die darin einen Ausdruck von zunehmender Höherwertigkeit von Familie sieht – und dass wohlhabendere Frauen mehr Zeit zum Nähen bzw. Shoppen dieser Designs hätten.

Ich hingegen erinnere mich an meine Kindheit in den 1940er und -50er Jahren, als meine Mutter – gelernte Volksschullehrerin und Pianistin – aus den Resten der Stoffe, aus denen sie ihre Kleider nähte, auch mir was schneiderte. Und ich erinnere mich, dass mir mein Vater – Gymnasiallehrer und später Direktor – erzählte, dass sein Vater, ein tschechischer Schneidermeister, seinen Arbeitsplatz in einem modernen Herrenmodenhaus verlor, als er einen Sohn bekam, und zwar genau aus diesem Grund: Weil er Zuschneidereste mit heim genommen hatte – obwohl die ohnedies kaum anderweitig verwertbar waren außer für Patchwork-Bubenhosen.

Eine Psychologin namens Lang sieht in diesem angeblichen Trend die Betonung besonderer Nähe – Mutter und Tochter als „beste Freundinnen“ – und kritisiert, dass damit der Weg zur Eigenständigkeit behindert wird. Ja, da kann schon was dran sein – obwohl sich Mädchen spätestens, wenn sie mit einem Jungen „gehen“, von den Eltern abzulösen pflegen. Auch kann ich nicht bestätigen, dass Jugendliche ihre Eltern als wichtige Idole sähen – außer vielleicht in elitären sozialen Ober- oder durchsetzungsstarken brutalen Unterschichten.

Als Tiefenpsychologin sehe ich hingegen jenseits aller Modetrends ein Tabuthema aufblitzen: die Konkurrenz zwischen Eltern und gleichgeschlechtlichen Kindern.

Mit Kleidung lassen sich Aufmerksamkeiten und Likes erzeugen – besonders in den sogenannten sozialen Medien – wenn man sonst nichts Attraktives aufzuweisen hat. (Politiker und erstmals auch eine Politikerin nutzen dafür „Sager“ – vgl.  die Neuwortschöpfung „fetzendeppert“.) Narzisstische Männer wählen ihre „Begleiterinnen“ auch oft nach ihrer Eignung als feminines Accessoire zwecks Bewunderung und Neiderregung bei ihren Geschlechtsgenossen aus – und wechseln bei Glanzverlust auf ein „Neumodell“, wie bei einem Auto. (Vermutlich deswegen werden Models in der Printwerbung auf Motorhauben platziert – während in der audiovisuellen Werbung Geschwindigkeit im Fokus protzt, und Sicherheit eher bei Familienvans.)

Frauenspezifisches Human-Accessoire ist dann das Kind, schon auch als Testimonial für eigene Designbegabungen, vor allem aber auch als Eyecatcher und – Identifikationsobjekt. Das ist auch einer der Gründe, weswegen Kleinkinder bei Grenzüberschreitungen oft nicht abgemahnt werden: Sie werden insgeheim für ihren Über-Mut bewundert.

Später verlocken die gelegentlichen Rückmeldungen, Mutter und Tochter für Schwestern gehalten zu haben. (Ich wurde in meinen Vierzigern häufig für die Tochter meines Mannes gehalten, eine Folge des Phänomens, dass in meiner Familie mütterlicherseits alle wesentlich jünger aussehen als sie historisch sind.)

Wie ich jedoch in meinem Königin-Buch („Prinzesschen, Kämpferin … Königin!“ edition roesner) geschrieben habe: Als Mutter – vor allem aber als solidarische Königinmutter! –  lautet die Aufgabe, die Prinzessin aufs Regieren vorzubereiten und dann in diesen Funktionen zu unterstützen, aber nur ja nicht mit ihr zu konkurrieren.