Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) begründet einen negativen Asylbescheid damit, die „behauptete“ Ohnmacht einer vergewaltigten Frau sei unglaubwürdig weil sie auch als „Schutz vor weiteren detaillierten Fragen zum tatsächlichen Geschehen abgeleitet werden kann“. (https://orf.at/stories/3105338/)

Abgesehen davon, dass vergewaltigte Frauen nur von eigens für die Arbeit mit traumatisierten Menschen kompetenten Angehörigen der psychotherapeutischen Berufe befragt werden sollten – weil bei allen anderen Berufsangehörigen die Gefahr der Retraumatisierung oder einer zusätzlichen Multitraumatisierung besteht – enttarnt diese Formulierung die komplette Ignoranz der beurteilenden Beamtenschaft, die offensichtlich noch nie etwas vom Unterschied dessen, was Laien unter Ohnmacht verstehen, und „Dissoziation“, das ist der zeitweise Verlust des ansprechbaren und aktionsfähigen Bewusstseins im traumatisierenden Erleben, gehört bzw. verstanden haben.

Viele Unfallopfer kennen diese Blackouts, in denen sich Leib und Seele abspalten und erst mit Zeitverzögerung wieder verbinden – dann, wenn die Situation, in der Lebensgefahr bestandt, vorbei ist, und in der dann das Zittern kommt, mit dem sich die Anspannung des unbewussten Totstell-Reflexes – denn genau diesem spontanen Selbstschutz-Mechanismus, den wir von manchen Tierarten kennen, entspricht das nämlich! – ausgedrückt wird.

Was auch viele – sogar ärztliche Sachverständige! – nicht wissen: Es genügt, dass bei einer Ohrfeige der Schlag auf einen der fünf KO-Punkte unter dem Auge trifft und man fällt um und ist weg. Deswegen schützen professionelle Boxer (und andere Menschen, die auf Nahkampf trainiert sind) ja genau diese Stellen ihres Gesichtes.

Ich hatte in den 1990er Jahren die Gelegenheit, quer durch Österreich für das Innenministerium Kriminalbeamte (Frauen waren damals nicht dabei) in einem zweitägigen Seminar „Wahrheitsfindung nach Vergewaltigung“ mit meinem psychotherapeutischen Fachwissen vertraut zu machen. Als Ernst Strasser zur Jahrtausendwende Innenminister wurde, hatte ich bereits so gut wie alle Beamten mit meinem damaligen interdisziplinären Wissensstand bereichert (ich bin ja unter anderem auch Juristin, Sozialtherapeutin und Erwachsenenpädagogin). Heute, 20 Jahre später, ist der natürlich noch viel größer – und auch die Zahl der Beamtenschaft in Bund und Ländern, die dieses Wissen und die dazu passenden Methoden benötigen würden.

Es ist dringend zu fordern, dass niemand in Asylfrage urteilen darf, der oder die nicht eine besondere Schulung in investigativer Traumaarbeit absolviert hat. Ich stehe dem Innenministerium gerne wie früher für ein Train the Trainer zur Verfügung.