Seitdem Covid-19-Infektionen als Pandemie erkannt wurden und die Maßnahmen der Bundesregierung für die meisten Menschen eine gravierende Veränderung ihres gewohnten Lebens bedeutet hat, häufen sich mediale Schlagzeilen zu „psychischen Folgeschäden“ von Einsamkeit – oder umgekehrt Dichtestress. Solche Artikel haben Suggestivwirkung: Sie verstärken Augenblicksstimmungen und haben damit die Tendenz, erlerntes Hilflosigkeits- oder Protestverhalten zu verfestigen. Wichtiger wäre, mehr Überblick über Lernbedarf und Lernmöglichkeiten anzubieten.

Nach der Bedürfnispyramide von Abraham Maslow stehen soziale Bedürfnisse (Kontakte, Austausch, Beistand), aber auch deren Ausgleich durch Rückzug und Ruhe erst auf der dritten Stufe. Vorher – das heißt grundlegender – sind die existenziellen Bedürfnisse (wie die Versorgung mit Lebensmitteln, WC-Papier allerdings nicht unbedingt mitgemeint, denn man kann sich auch auf andere Weise reinigen) und erst danach kommen auf zweiter Stufe die Sicherheitsbedürfnisse.

Die wurden durch den massiven Terroranschlag in der Wiener Innenstadt heute Nacht extrem ins Bewusstsein gehoben. Bei uns häuften sich die spätnächtlichen Anfragen, wie es uns gehe – mein jüngerer Sohn hat seine Wohnung (und ich seit 2017 darin ein Kabinett als Winzigpraxis) direkt an der Ecke Salzgries / Fischerstiege. Gottlob ist er seit Sonntag nachmittag bei uns in Niederösterreich – aber es mulmt schon ganz gehörig, wenn man an all die Bekannten dort denkt … und ich wünsche all denen Seelenkraft und die geistige Ruhe der Vernunft, denn die werden wir brauchen, um Vorsorge für Sicherheit zu treffen: Diesmal eben im „Schau auf dich – schau auf mich“ nicht nur auf Ansteckungsgefahren, sondern ebenso auf Wahrnehmung von überindividueller Gewalt. (Diese „nachbarliche“ fehlt ja meist auch bei individueller Gewalt – gegen Frauen und Kinder!)

In meinem jüngsten Buch „Komme was da wolle – Krisenkompetenz“ habe ich gefordert, in Schulen nicht nur Feueralarm zu üben, sondern auch für Gewaltangriffe vorzubereiten (S. 202). Im Sinne von Medienpädagogik ist dies aber auch von den audiovisuellen Medien zu fordern: Wir alle sollten uns selbst mehr um unseren Lebensraum kümmern – und um die Bearbeitung der damit zusammenhängenden ethischen Fragen, welches das höherwertige Gut ist, die unkontrollierte Freizügigkeit oder die Kontrolle des öffentlichen Raums. Ich selbst kann mir aus konkretem Anlass vorstellen, dass in bestimmten Blickwinkeln vor Lokalen mit Schanigärten Überwachungskameras installiert sind – allerdings mit der Auflage, jeden nachfolgenden Tag um, sagen wir mal, 9 Uhr alle Aufzeichnungen  zu löschen.

Hier sehe ich vor allem die MandatarInnen der Bezirksvertretungen gefordert, ihre Sichtweisen gezielt zu qualifizieren. Ich habe beispielsweise, als ich Bezirksrätin (des 10. Wiener Gemeindebezirks, 1973–1987) war, registriert, dass hinter dem Rathaus am Friedrich-Schmidt-Platz eine Baustelleneinrichtung direkt vor dem Amerika-Haus so unvorsichtig eingerichtet war, dass sich ein Attentäter darin leicht hätte verbergen können – und ich argumentierte damals, wenn ich auf solch eine Idee käme, dann wer anderer vielleicht auch … Meine Sorge wurde nicht ernst genommen: Die Baustelle würde „eh nur mehr 14 Tage“ bestehen …

In der Geschichte (und dem Walt-Disney-Film) von den „Drei kleinen Schweinchen“ tanzen die zwei Übermütigen ohne Angst vor dem „großen bösen Wolf“ („the big bad wolfe“) musizierend herum und bauen ihr Haus aus Reisig und Stroh und machen sich über das dritte lustig, das sein Haus aus Ziegeln baut … aber nur so geht Prävention.