… sondern prüft die Geister, ob sie von Gott sind; denn es sind viele falsche Propheten ausgegangen in die Welt.“ (1 Joh 4, 1)

Etwas zu prüfen, braucht Zeit und eine passende Methode. Beides fehlt oft. Das liegt daran, ob man aus einem „bildungsfernen“ Elternhaus stammt, sagen die einen. Nein, sagen andere, es liegt am Freundeskreis, was dort als „Wert“ gilt – Körperkraft etwa, verdrängt dabei Bildung oder gar selbst forschen.

Im Werbefernsehen läuft öfter ein Spot, in dem gezeigt wird, wie ein kleiner Bub – mit seufzenden Eltern: „Was soll aus dir nur werden?“ – zum Brillenoptiker heranwächst. So geht Werbung für Bildung! Sich dorthin entwickeln, wozu man im Keim angelegt ist – so wie im Samenkorn bereits die fertige Pflanze (ohne widrige Umstände konzipiert) enthalten ist.

Filmzeit ist nicht Realzeit: Sie vermittelt die Pseudowahrheit, dass man sich Reifezeit, Rückschläge, Neustarts, Ausdauer ersparen könnte. Egal ob händisch oder geistig. Lernen heißt immer Üben. Gottes Geist dazu heißt hier: Geduld.

Dieser Text wurde am 12-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.

… Das soll nicht so sein, liebe Brüder. Lässt auch die Quelle aus einem Loch bitteres und süßes Wasser fließen?“ (Jak 3,10 – 11)

Wir haben die Wahl zwischen Gut und Böse – das ist die Folge des Sündenfalls aus der Einheit in die zweigeteilte Welt.

Wenn ich meine tägliche Lektüre dreier raschelnden Tageszeitungen und einer vierten online abarbeite, frage ich mich bei den meisten Formulierungen: Warum so böse? Bei den täglich berichteten Übergriffen, nachdem ein Bertie Blockwart (auch weiblich!) jemand wegen fehlender Maske „abgemahnt“ hat, vermute ich, dass der Ton dabei eine Aufforderung zum Kampf war: Entweder folgen – sonst Strafe. Gleich vor Ort vollstreckt: Weniger aus Angst vor Ansteckung, als aus Wut wegen Ungehorsam. Vermutlich von den Eltern abgeschaut. Wenn man gestraft wird, lernt man nur strafen – aber nicht, wie es besser geht. Dazu braucht man den Weg in der „Goldenen Mitte“: Das positive Ziel mit den vermeidbaren Negativfolgen in Balance bringen.

Dieser Text wurde am 11-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.

… Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet’s an.“ (Jak 3,5)

In den antiken Sprachen ist das Wort für Sprache oft das gleiche wie das für Zunge. Beides kann Waffe sein, tödlich verletzend oder humorvoll heilend. In meiner Facebook-Blase hat sich eine ältere Dame aus meinem Wohnort beschwert, dass ihr eine Frau, die sie im klein-ländlichen Supermarkt gebeten hatte, einen Nasen-Mund-Schutz anzulegen, die Zunge gezeigt hätte. Ein kleines Feuer. Aber wird es nicht durch Empörung (d. h. auch Schnapp-Atmung) angeheizt?

Wäre es nicht sinnvoller, „cool“ zu reagieren? Die aufsteigende Kampflust – denn was anderes ist denn Zorn? – dazu zu verwenden, geistig in die Rolle eines unschuldigen Kindes zu schlüpfen, erstaunt große Augen zu machen und übertrieben naiv fragend zu stammeln: „Aber das ist ja unhöflich?“ oder ganz langsam und ungläubig quasi „überprüfend“ auch die Zunge herauszurollen und den Kopf zu schütteln? „Spielen“! Wir sollen ja werden wie die Kinder …

Dieser Text wurde am 10-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.

… sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ (Mt 4, 4)

Im Evangelium fordert der „Widersacher“ Jesus heraus: Er soll aus einem Stein Brot machen um sein Gott-Sein zu beweisen.

Pubertäre Kinder gehen ebenso in Opposition: Dagegen reden und für alles Beweise fordern, anstatt zu kooperieren. Autoritäre Väter oder Mütter kontern dann: „Solange du deine Füße unter meinem Tisch hast, tust du, was ich dir sage!“ Manche autoritäre Vorgesetzte sagen Ähnliches. Sie glauben, ihre Worte wären Gottesworte.

Gotteswort wäre aber zu sagen: „Ich will deine Widerrede ernst nehmen – daher sag mir deine Gegenansicht respektvoll.“

Aber gerade unter Stress – so wie jetzt, wo Klimawandel und Wettergefahren Früchte der landwirtschaftlichen Arbeit, Haus und Hof und die Pandemie Existenzen gefährden, sollten wir zusätzlichen Stress vermeiden und stattdessen unseren Mund für Gottes Wort öffnen: Vorsicht, Rücksicht, Respekt – drei fast idente Worte der Menschlichkeit.

Dieser Text wurde am 09-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.

… Kann man denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?“ (Mt 7, 16)

Worte sind die Früchte unserer Gedanken.

Unsere Gedanken sind aber auch wieder Früchte der Gedanken anderer: Der Eltern, Erzieher, Dichter, Liedschreiber, Drehbuchautoren – FilmheldInnen und der FreundInnen, denen wir nacheifern … oder denen wir imponieren wollen … und nicht alle Früchte sind salutogen, d. h. Gesundheit fördernd.

Facebook macht es möglich, dass sich Personen pseudokabarettistisch um Likes und Lacher bemühen können und solche sind auch schnell – unbedacht – angeklickt. Sie entsprechen damit Bedürfnissen, Dritte zu verhöhnen. Ich nenne das spirituelle Vergiftung, weil alle, die solche Toxine sehen, hören, lesen, den aggressiven Geist aufnehmen – selbst wenn sie ihn nicht in sich hinein lassen wollen. Bis sie das – körperlich – spüren (im Magen!), ist das meist schon passiert.

Gift muss wieder aus-gedrückt werden. Dazu hilft Protest. Und Beistand für die verspotteten.

Dieser Text wurde am 08-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.

… Ihre Saat soll nicht aufgehen; was dennoch aufwächst, bringt kein Mehl.“ (Hosea 8, 7)

Herbst ist Erntezeit. Das Jahr 2020 war kein leichtes Wirtschaftsjahr – materiell. Auch geistig.

Welchen Geist haben die Worte und Sätze beinhaltet, die in die Seelen der Menschen „gesät“ wurden? Und wie ist diese „Saat“ aufgegangen?

Wenn man beispielsweise Postings auf Facebook analysiert, merkt man an den likes exakt, was als geistige Nahrung aufgenommen, oft auch gleich wieder weitergegeben wurde.

In meiner „Filterblase“ halten sich „anständige“ Kommentare mit „unanständigen“ ziemlich die Waage; mit „unanständig“ bezeichne ich Aussagen, die kaum jemand einem anderen Menschen persönlich ins Gesicht sagen würde, wenn dieser seinen Namen, Arbeitsplatz und Wohnort wüsste. „War ja nur Spaß!“ heißt es dann oft, und „Verstehst du denn keinen Spaß?“

Gemeinheiten sind aber kein Spaß. Sie sind auch keine Meinung. Sie sind Wortattacken, emotional aufgeheizte Atemluft, die sich zum Glutsturm auswächst. Sie bringen keinen Nutzen – außer den Triumph, andere mundtot gemacht zu haben.

Dieser Text wurde am 07-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 05.40 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.

… das habt ihr mir getan.“ (Mt 25, 40 b) bzw. „Was ihr nicht getan habt einem von diesen geringsten, das habt ihr auch mir nicht getan“ (Mt 25, 45)

Wann immer ich diese Zeilen gehört oder gelesen habe – von den Hungernden, Durstenden, Fremden, Kranken und denen im Gefängnis, die nicht besucht wurden – ist mir auch der sprachliche Umgang in den Sinn gekommen: Auch wenn jemand keine Gelegenheit besitzt, Essen und Trinken oder Wohnraum zu teilen, so hat er oder sie doch immer die Möglichkeit und auch die Gelegenheit, Menschen, denen es nicht so gut geht, mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen.

Warum tun das aber so wenige?

Und warum korrigieren diejenigen, die Abwertung anderer Menschen für falsch halten, nicht sofort, wenn sie Zeugen von Demütigungen werden? Liegt es an filmischen Brutal-Vorbildern? Oder an Anbiederung an die „Oberen“? Und an Angst, plötzlich selbst „unten“ sein zu können? Gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten? Ich meine, wir sollten zumindest unsere Sprache kontrollieren – sie kann Gesundheit zerstören.

Dieser Text wurde am 06-09-2020 als „Evangelischer Morgengedanke“ um 06.05 Uhr auf allen ORF-Regionalradios gesendet.