Zu den üblichen Schuldumkehrungsversuchen (im Volksmund lauten diese „Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuld!“) gehört die Behauptung, man wäre „verführt“ worden. Damit wird unterstellt, das spätere Opfer einer sexuellen Miss-Handlung hätte diese selbst „inszeniert“. Oft wird sogar noch direkt während der Untat suggeriert: „Gib doch zu – du willst das doch!“ Und bei Gericht berufen sich die Täter auf „einvernehmlichen Geschlechtsverkehr“ – und so wird die Schockstarre als Zustimmung „definiert“ und der Mythos von der „insgeheim willigen Frau“ aufgebaut, die ihre heimliche Sexgier aus moralischen Gründen (oder Angst vor Vater, Bruder oder Partner) nicht zugeben will.

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2018 ist ein Gedenkjahr – erinnern wir uns also auch an 1998: Damals versicherte US-Präsident Bill Clinton, als er sich den peinlichen Befragungen zu Monica Lewinsky stellen musste, treuherzig, er habe „nie eine sexuelle Beziehung zu dieser Frau“ gehabt. (https://www.youtube.com/watch?v=JUDpdVXeMw)

Er definierte offensichtlich nur den kompletten Zeugungsakt als „sexuelle Beziehung“.

Sexuologen hingegen definieren jeden Austausch von Körperflüssigkeiten als Sexualakt; der umfasst jedoch nicht unbedingt eine sexuelle „Beziehung“.

Eine Beziehung ist auf emotionalen Austausch angelegt – allerdings nicht unbedingt auf einen „symmetrischen“. Deswegen spricht man ja auch von „schiefen“ Beziehungen – von oben nach unten, von unten nach oben. In meinem Buch „Lieben“ (Verlag Orac, ab 1. Oktober im Buchhandel) beschäftige ich mich ausführlich damit.

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Da las ich doch unlängst in der Zeitung Österreich (11.08., S. 11), in Texas habe sich ein Mann in einem Restaurant aufgeregt, weil eine Mutter „öffentlich“ ihr Baby gestillt hatte. Sie solle sich gefälligst bedecken, habe er verlangt – und darauf hatte diese ihr Haupt verhüllt – wie das Belegfoto zeigte, das ihr Partner ins Internet gestellt hatte.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass es in den späten 1970er Jahren meist eine Generation ältere Frauen waren, die sich gegen Stillen in der Öffentlichkeit lautstark empört hatten – die Mütter sollten sich doch diskret auf die Toilette zurückziehen. Wie wenn das der passende Ort wäre, einem Baby Mutterliebe zu vermitteln! Damals wurde die La Leche Liga in Österreich gegründet (www.lalecheliga.at), die sich aktiv fürs Stillen engagierte: Babynahrung immer und überall verfügbar, immer in der richtigen Temperatur und – kostenlos, daher kritisch beäugt von all den Pharmariesen, die Muttermilchersatzprodukte in ihrem Programm hatten.

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In Frankreich ist es neu, in Belgien und Portugal nicht mehr: Strafbarkeit der öffentlichen sexuellen Belästigung von Frauen. Das Wort „anmachen“ in seinem Mehrfachsinn beschreibt das Phänomen exakt: Durch unerwünschtes distanzloses Verhalten wird jemand nämlich nicht nur verdinglicht – als einer „verfügbare“ Sache definiert – sondern auch entwürdigt, gestresst und energetisch beschmutzt. Mit Flirten – Oe24-TV titelt am 06.08. „Wird Flirten auf der Straße jetzt verboten?“ – hat das nichts zu tun!

Flirten ist ein gegenseitiges freiwilliges Spiel auf gleicher Wellenlänge und meist auf „kindlichem“ Niveau. Weiterlesen

Als kleine Kinder schauen wir aus der Froschperspektive erwartungsvoll auf die Großen, und je nachdem erleben wir Zuwendung oder Ablehnung, Fürsorge oder Vernachlässigung, Wertschätzung oder Verachtung, Förderung oder Überforderung. (Wenn ich hier formuliere „erleben wir“, will ich damit auf die subjektive Entschlüsselung verweisen – objektiv kann alles ganz anders sein, als wir „wähnen“.)

Diese Sichtweisen und Erwartungshaltungen bewahren manche Menschen bis weit ins Erwachsenenleben – nicht nur gegenüber ihren Lebenspartner_innen sondern auch gegenüber Vater Staat oder Mutter Partei, welche auch immer das sein mag, also nicht nur politische. Je weiter weg diese Elternersatzobjekte stehen, desto eher wachsen diese Phantasien. Das beginnt bei abwesenden Vätern und endet in Verschwörungstheorien wie etwa über die Illuminaten etc. Wenn sich Jugendliche so Mitte des zweiten Lebensjahrzehnts von Elternfiguren „ablösen“, zeigt sich begleitend meist Enttäuschung, Entillusionierung, Protest und Flucht – und sei es nur in die virtuellen Welten des Internet. (Manche „Braven“, die das in der Adoleszenz verabsäumt haben, holen die nötige Ablösung, um ihre ureigene Individualität zu suchen, im „Wechsel“ nach und opponieren dann gegen ihre Partnerpersonen, beruflich Vorgesetzten oder „die Gesellschaft“ überhaupt.)

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Eine Form der Gewalt, die vielfach dem Verschweigen anheimfällt, ist die finanzielle. So erinnere ich mich an einen Klienten aus den ersten Jahren meiner Beratungstätigkeit, einen hohen Staatsbeamten kurz vor seinem Pensionsantritt, den seine gleichaltrige Frau verlassen hatte. Er konnte nicht verstehen, weshalb. „Ich habe doch alles für sie getan!“ klagte er mir, „Ich bin einkaufen gegangen, ich habe gekocht, sogar ihre Nylonstrümpfe habe ich für sie gewaschen …“ „Und was hat sie tun dürfen?“ fragte ich ihn. Er sah mich verständnislos an. Er sah die Einschränkung nicht – für ihn war es sein besonderer Liebesbeweis, dass er ihr alles abgenommen hatte, womit seine Mutter ihre permanente Überlastung demonstriert hatte. Insgeheim wollte er aber auch sicher gehen, dass sie keine Eskapaden (dieser Begriff umfasst auch Ausbruchsversuche) wagen wollte. Damit hatte seine Mutter immer gedroht.

Jede Budgeterstellung, egal ob privat, unternehmerisch oder staatlich, zeigt Werthaltungen.

Eine Form von Gewalt besteht darin, das, was jemand anderem ein hoher Wert ist, demonstrativ nicht wertzuschätzen.

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Durch eine Pressekonferenz der Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie wurde der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass in Zukunft keine MARAC-Konferenzen mit Polizei-Beteiligung stattfinden würden. (MARAC bedeutet Multi-Agency Risk Assessment Conference, zu deutsch Multi-institutionelle Risiko-Fall-Konferenzen.)

Ich selbst habe in der Zeit meiner Professur für Kommunalprävention an der Donauuniversität Krems in dem 2007 von mir konzipierten Masterstudium „Präventionsmanagement“ basierend auf in Deutschland entwickelten Stadtteils-fokussierten Kooperationskonferenzen zu allen Fragen der Gewaltprävention versucht, das dazu nötige Rüstzeug für alle in Frage kommenden Berufsgruppen verfügbar zu machen. Weiterlesen

Am 2. August zeigte der ORF „Am Schauplatz“ eine Dokumentation zum Thema „Wenn Männer Frauen schlagen“; sie enthielt einige der wesentlichen Aspekte dieser leidigen Gewaltform – und bewies unter anderem auch das Phänomen, dass Personen, die psychologische oder psychotherapeutische Betreuung in Anspruch nehmen, dann die Psychosprache ihrer Berater_innen übernehmen. (Das Gleiche kann man auch bei sexuell ausgebeuteten Kindern beobachten: Sie verlieren ihre spontane Ausdrucksweise, wenn sie durch Befragungen fachkundiger Personen neue Sprachformen kennen lernen – Betonung auf „lernen“.)

Es gibt mehrere Theorien über die Entstehung von Aggression und Gewalt (nachzulesen in meinem Buch „Gewaltprävention im Alltag“), Weiterlesen

Als ich 1971 als Funktionärin der Jungen Generation in der SPÖ gemeinsam mit etlichen Mitgliedern des Wiener Vorstands erstmals auf Schulung zu den Jusos nach Deutschland fahren durfte, war das Ziel ein Gewerkschaftsheim in Malente in Schleswig-Holstein.

Einmal während dieser Bildungswoche waren wir bei dem späteren Wissenschaftsminister und auch Ministerpräsidenten Björn Engholm eingeladen – privat! Das war ganz ungewohnt für uns Ösis, und überhaupt für mich als permanent „unbegleitete“ Frau. Meine privaten Einladungen in eine Familie kann ich an einer Hand abzählen … Mein verstorbener Ehemann hingegen wurde oft privat eingeladen – er allein, von Leuten, die sich bei ihm, damals ein Herr Wichtig im Wiener Rathaus, beliebt machen wollten.

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