Mit „Sie hab’n a Haus baut“ hat sich Arik Brauer seinen ästhetischen Frust von der Seele gesungen. Sollen wir aktuell singen „Sie woll’n uns a Mauer herbauen“? Oder wäre das nur ein weiterer Beitrag zu dem mentalen Chaos, in dem „catch as catch can“ jeder jedem subtile Gewalt antut?

Da gibt es – oder gab es, vorläufiger Stand der Dinge – also ein Projekt.

Wie es wirklich lautete, ist unklar – in den Medien heißt es „Schutzmauer“, „Anti-Terror-Mauer“, auch „Aufprallschutz“. Normalerweise muss man als Auftrags- oder Förderungswerber solche Vorhaben genau beschreiben. Aber auch umgekehrt muss der Auftraggeber im Sinne der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung alles schriftlich festhalten – es muss ja alles nachvollziehbar und kritisierbar sein. Das gilt nicht nur für die „öffentliche Hand“ als Auftraggeberin sondern ebenso für alle UnternehmerInnen, wie man spätestens nach der ersten Steuerprüfung weiß. Was keinen Sinn macht, wird „herausgestrichen“ – und das ist auch gut so. Man lernt ja was dabei.

Das Projekt – ich nenne es „Sicherheitsumgestaltung des Ballhausplatz“, das klingt zwar nicht „sexy“, entspricht aber seriös dem Vorhaben – macht Sinn. Sehr sogar. Nicht als Selbstschutz der Regierung, wie der FPÖ-entsandte Volksanwalt Dr. Fichtenbauer kritisierte (Salzburger Nachrichten, 8. 9., Seite 10), die sitzt ja nicht permanent beim Kanzler oder Bundespräsidenten sondern verteilt sich auf viele (und weniger exponierte) Gebäude – sondern als Schutz der Schaltstellen der Staatsverwaltung und der Beamtenschaft und dem zugehörigen Wissen, dazu aller Touristen, die sich fotografierend (und daher nicht achtsam auf das drumherum) zeitweise im Hofburgareal tummeln und auch des „Weltkulturerbes“ der historischen Gebäude (obwohl das der Stadt Wien, wie wir seit der Farce um den Heumarkt wissen, egal ist).

Ich nehme wohlwollenderweise an, dass es nicht um einen Aufprallschutz gegen Demonstranten geht – Mist ausleerende Bauern etwa …

Derzeit betreiben Bundeskanzleramt, Innenministerium und Stadt Wien „Kindesweglegung“, keiner will den Auftrag gegeben haben oder wenn, dann in teilweiser oder völliger Unkenntnis – die bekanntlich nicht vor Strafe schützt, aber das gilt auch nicht für jeden. Es ist ja Wahlkampf und jeder will selbst gut dastehen und dem anderen was ans Zeug flicken.

Was mich stört, sind Skandalisierungen (s. mein Buch „Überwachen als Beruf“), denn sie schädigen die Gesundheit derjenigen, die damit angepatzt werden (was ja meist das Ziel ist) – denn auch die selbstschützende Verrohung ist ein Schaden an der Gesundheit, der seelisch-geistigen nämlich – und auch das „Umfallen“ mancher davon „Betroffenen“, die sofort alles stoppen und zurücknehmen. Ich finde das voreilig und unbedacht. Besser fände ich das leidenschaftslose Darlegen einerseits der „Geschichte“ des Projekts, andererseits die selbstbewusste Verteidigung des dahinter liegenden Zieles.

Jeder „Jubel-Platz“ für Anhänger ist gleichzeitig ein „Zerstörungs-Platz“ für Feinde.

Ich sehe jetzt die Chance der Umgestaltung in einen Friedensplatz – und dazu gehörte wohl die bisher verabsäumte Einbindung der Bevölkerung.  Damit meine ich nicht eine Volksbefragung etc., sondern Aufstellen von mehreren Entwürfen, wie der Platz aussehen könnte – gleich vor Ort! – und nicht nur vom Rektor der Universität für Angewandte Kunst, der sich als klassischer Konkurrent ja sofort verdammend zu Wort gemeldet hatte, sondern vor allem von seinen und anderen Studierenden, Stadtplanung, Architektur, Bildende Kunst … – die junge Generation wird ja dann damit leben müssen, und außerdem ist sie meist viel kreativer als die satten Etablierten. (Es darf nur nicht wie beim Heumarkt passieren, wo das Ergebnis einer Volksbefragung übergangen wurde.) Das wird Zeit brauchen – aber gibt die Chance eines Dialogs über parteipolitische Gräben hinweg. Denn auch die Bevölkerung ist nicht so unkreativ, wie manche Besserwisser glauben. Was mir unabhängig voneinander etliche Personen, die mich in den letzten Tagen um meine Ansicht gefragt haben, an Überlegungen erzählt hatten, lief alles darauf hin, ähnliche der steinernen „Ahnengalerie“ am Rathausplatz die Mauern für Information über unsere großen Staatsmänner und Staatsfrauen zu nutzen. Eine gute Idee, finde ich.

Eine volksnahe Regierung jedenfalls könnte und sollte diesen „Stein des Anstoßes“ zur politischen Bildung nutzen: Öffentlich machen, wie die Wege der Verwaltung verlaufen, die Bevölkerung (samt Schulkindern) zum Mitdenken einladen – auch dazu beispielsweise, wie man die Baustelle für die nächste Zeit sicher macht, die ist ja durch den Medienwirbel jetzt hochattraktiv. Und auch seriös aufzeigen, welche Art von Kommunikation dem friedlichen Miteinander – denken, reden, leben … – dient und welche nicht.