Wenn man die verschiedenen Formen von Gewalt zu ihrem Ursprung zurück verfolgt, findet man einen „Vergleich“: Irgendwer legt fest, wie etwas zu sein hat – „richtig“ bzw. „besser“ ist und wertet ab, was dieser Vorstellung nicht entspricht. Daraus ergibt sich dann folgende „Auslösesituation“: Irgendwer fühlt sich gegenüber einem oder einer anderen benachteiligt bzw. nicht wertgeschätzt („be- oder geachtet“, was bedeutet: nicht wahrgenommen, beantwortet oder auch anerkannt und berücksichtigt), und daraus können sich unterschiedliche Selbstbehauptungs- oder gar Selbsterhöhungsstrategien und -taktiken entwickeln und leider auch eskalieren.

Das kann real so geschehen – oder es erweist sich als „neurotisch“, also die unbewusste Wiederbelebung einer schon früher intensiv oder mehrmals erlebten Nervenverflechtung („Neurosignatur“). Macht man sich diesen Mechanismus bewusst, kann er kontrolliert werden – außer der Zeitablauf ist zu rasant dafür.

Selbst wenn solch ein Mikro- oder Makrotrauma (und mehrere Mikrotraumata haben die Wirkung wie ein einziges Makrotrauma!) erfolgreich therapiert wurde, kann es durch analoge Wiederholungssituationen zu massiven Retraumatisierungen kommen – beispielsweise wenn Kinder aus ihren Herkunftsfamilien genommen werden und später mit den gleichen Begründungen (wie Heimleitung oder deren Mitglieder hätten versagt) wieder aus ihren Ersatzfamilien gerissen und getrennt „aufgeteilt“ werden).

Auch dahinter steht der Vergleich: Statt an der Wurzel zu „heilen“ – oder zumindest zu verstehen – zu versuchen, wird neuerlich das gleiche Verhaltensmuster und damit die Erhöhung des Besserwissers wiederholt.

Solch eine Konkurrenz spielt sich am heutigen Tag ab, wenn der offizielle „erste Schritt“ der Kanzlerschaft Sebastian Kurzs vor der EU statt vor dem nationalen Parlament als Missachtung des Parlamentarismus gegeißelt wird – auch wenn klar ersichtlich  ist, dass dies einen Versuch der Oppositionsparteien darstellt, Aufmerksamkeit (Wahrnehmung und Anerkennung ihrer Dominanzwünsche) zu erzielen. Sachlich ist diese Wahl ein Bekenntnis zum Größeren vor dem Kleineren – zur Familie Europa als Ganzes vor der Familien Nation oder vor der Familie Bundesland, Stadt, Dorf, Grätzl.

Ich finde es bedenklich – und im Falle von Parlamentariern, die ja soziologisch-sozialpsychologisch geschult sein sollten! – beschämend und traurig, wenn das Kleinere das Größere dominieren will anstatt ergänzend zusammenzuarbeiten … wie in einer Kleinfamilie auch. Aber das kann man ja noch lernen.