Vor vielen Jahren titelte das Nachrichtenmagazin profil ein Interview mit Bürgermeister Helmut Zilk mit seinem Ausspruch „Ich grapsche gern“. Damit war nicht die aus der Kindheit kultivierte „unkontrollierte Baby-Hand“ gemeint, mit der das Kind im Manne – lustiglustig – gern auf Mammis Brüste tatscht, sondern die schamlose Aneignung fremden geistigen Eigentums. Diese Enteignungen nicht schamhaft zu verschweigen sondern konkret zuzugeben, würde das Unrecht aufheben – es wäre dann Anerkennung und Bestätigung für die Urheber.

Tatsächlich trauen sich das wenige. Sie müssten dann ja zugeben, dass andere kreativer, mutiger oder auch nur schneller waren als sie. Ich erinnere mich noch gut, wie der multidisziplinär kompetente Kulturwissenschaftler Friedrich Schipper den Universitätsball als gleichzeitiges Gegengewicht zum Akademikerball erfand (Korrespondenz der Anfänge liegt mir vor, weil ich ihn damals ans Wiener Rathaus vermittelt habe) und wie ihm die Idee samt Realisierungskonzept gegen seinen Willen von den subalternen Mitarbeitern des damaligen Wiener „Universitätsbeauftragten“ Alexander Van der Bellen „abgenommen“ wurde. Da braucht es schon noble Größe, auszuhalten, wenn sich andere mit fremden Federn schmücken. Ähnlich erging es Schipper auch mit der Donau Universität mit seinem Konzept zur Implementierung eines Zentrums und Studiums zum Kulturgüterschutz (er ist ja u. a. auch Generalsekretär von Blue Shield Österreich).

Derzeit beobachte ich Gleiches bei den Neos: Mit der „Allianz für Freiheit und Verantwortung“ wollen sie bei der kommenden Nationalratswahl ein zweistelliges Ergebnis einfahren, lese ich im heutigen Kurier.

„Freiheit und Verantwortung“ ist das offizielle Credo von uns Protestanten im Reformationsjahr 2017, unter dem unsere Gedenkveranstaltungen zur 500 Jahr-Wiederkehr von Luthers Thesenanschlag firmieren (und auch ich habe meinem Sexualethik-Buch „Sexuelle Reformation“ diesen Untertitel gegeben – denn ich gestatte mir darin, ähnlich wie einst Martin Luther, Teile des Alten Testaments zu übersetzen und zu interpretieren. Diese Freiheit nehme ich mir und übernehme auch die Verantwortung, und wofür – nämlich für das Propagieren einer gewaltverzichtenden sexuellen Kommunikation – das hoffe ich klar zu Tage gelegt zu haben!).

Jetzt frage ich mich: Sind Matthias Strolz und Irmgard Griss Protestanten? Wollen sie unsere Werte unterstützen und propagieren? Oder ist ihnen nur nichts Eigenes eingefallen?