Üblicherweise hat jeder Mensch eine Idealvorstellung von sich selbst, und die hängt weitgehend von der erfahrenen Namensgebung ab. Von dem berühmten Soziologen Norbert Elias stammt der Satz, „Gib einer Gruppe einen schlechten Namen und sie wird ihm nachkommen“ (in „Etablierte und Außenseiter“).  So gab ein schwer misshandeltes 4jähriges Mädchen, als es von den Fürsorgebeamten um seinen Namen gefragt wurde, den Namen „Idiot“ an (http://edition.cnn.com/2016/08/18/health/arkansas-abused-child-trnd/). So etwas ist meist ein echter Fluch – was bedeutet, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit in Erfüllung gehen wird.

Umgekehrt besteht die Gefahr, dass ein Kind, dass unberechtigterweise andauernd gelobt, ja sogar vergöttert wird, später die wachsende Anzahl an Narzissten vermehren wird, frei nach Falcos Liede „Die ganze Welt dreht sich um mich, denn ich bin nur ein Egoist …“ So erinnere ich mich an einen Mann, der von seinen Freunden eine schwarze Sturmlampe geschenkt bekam und überaus befriedigt feststellte, wie aufmerksam diese seien, dass sie die Lampe extra für ihn schwarz umgefärbt hätten, weil er schwarz so gerne habe – er kannte nämlich nur die grünen Exemplare.

Es gibt aber auch im Berufsleben Menschen, die sich voll Selbstgerechtigkeit so sehr mit ihrer Aufgabe identifizieren, dass keinerlei Kritik oder Verbesserungsvorschlag zu ihnen durch dringt. Auch das hängt mit Namensgebungen zusammen. So wäre etwa die Bezeichnung „Arbeitsinspektor“ dringend von dem innewohnenden Polizei-Anklang zu reinigen. „Arbeitnehmerschutz“ würde doch reichen – und auch das Gendern ersparen. Wir sind doch ohnedies in einer massiven Sprachumgestaltungszeit …

Allerdings: Wer (wenn auch nur unbewusst) danach giert, endlich Macht ausüben zu dürfen, wird sich gegen solch eine Umbenennung wehren – und ebenso gegen Kritik an dysfunktionaler Amtsausübung (wie man erst unlängst an einem Interview in ORF II beobachten konnte, in dem der befragte Arbeitsinspektor stereotyp auf den Wortlaut – nicht den Sinn – des Gesetzes verwies, welches er nur „exekutiere“, und eben ohne Ansehen der Person. Aber genau das ist ja der Fehler!).

Arbeitnehmerschutz bedeutet, Gefährdungen auszumachen (im Doppelsinn des Wortes) – nicht aber die Unternehmerschaft zu schikanieren. Das Wort Schikane verstehen Laien meist als boshaftes Nerven und Bedrängen eines anderen. Juristisch bedeutet es aber die Ausübung eines Rechtes zum offensichtlichen Nachteil eines anderen. Das ist etwas ganz anderes! Das Gegenteil wäre Fairness – und die bedeutet Verzicht (oder Abmilderung) eines Rechtes, wenn es dem anderen zum Nachteil gereicht. Ich meine, statt immer neue Regulierungen zu erfinden, sollte gezielt gesucht werden, wo solche Spielräume fehlen und ergänzt werden sollten – und dann gehören auch die Anwender ethisch wie auch kommunikativ geschult, damit sie nicht in Machtvollkommenheit schwelgen, sondern Arbeitnehmern wie Arbeitgebern mit Rat zur Seite stehen, statt in Tyrannei verfallen oder Klassenkampf spielen.