Von Joachim Ringelnatz gibt es ein Gedicht („Die Riesendame der Oktoberwiese“), darin heißt es gegen Ende: „Da nahte sich mit wohlgebornen Schritten / Der Elefant vom Nachbarzelt. / Und sagte: „Emmy, schwerste Frau der Welt, / Darf ich um einen kleinen Beischlaf bitten?“ / Diskret entweichend konnte ich noch hören: / „Nur zu! Beim Essen kann mich gar nichts stören!“

Daran musste ich denken, als ich heute im Standard den Bericht „Schweden sollen vor Sex um Erlaubnis bitten“ las (leider ohne Namensnennung, wer ihn verfasst hat) – und den Kommentar „Nein zum  neuen Ja“ (von Kim Son Huang – für uns in Europa ein geschlechtsneutraler Name, der spöttische Inhalt deutet aber auf einen Mann hin). Nun habe ich bereits heuer zu Jahresbeginn in meiner sexualethischen Bibelkritik „Sexuelle Reformation – Freiheit und Verantwortung“ (LIT Verlag, Berlin) auf diese Kontakt-Problematik hingewiesen, über die sich der deutsche Sexualwissenschaftler Gunter Schmidt („Das Verschwinden der Sexualmoral“) schon in den 1990er Jahren ablehnend mokiert hat: Man könne doch im Intimbereich keine Verträge schließen. Ich meine aber: Sich vertragen heißt Verträge schließen – und die gibt es auch „konkludent“. Man muss aber „sinnerfassend“ zuhören, zuschauen, vor allem fühlen! Daher betone ich, dass man die Worte von  Genesis 1, 28 („Seid fruchtbar und mehret euch!“) auch mit „Seid kreativ und fördert einander“ übersetzen kann. Sexuelle Gewalt fördert nicht, sie demütigt, stresst, traumatisiert. Wenn Gewalt „ins Gegenteil verkehrt“ wird – Zitat aus einer Paartherapie: „Aber das muss ihr doch gut tun!“, Ergänzung: „Weil es mir gut tut!“ – dann lähmt das nicht nur das subjektive Wahrheitsempfinden, die Wehrkraft und die Selbstachtung sondern letztlich das Gewissen.

Was also tun?

Mir hat 1969 ein Nachwuchspolitiker, der mir einreden wollte, ich müsste wählen zwischen dem Obmann der gegenständlichen Vorfeldorganisation der SPÖ, in deren Vorstand ich gerade gewählt worden war, und ihm – dessen Sekretär, und das wäre die bessere Wahl!, auf meine naive Frager, wieso ich das denn wollen sollte, selbstherrlich geantwortet: „Weil ich mir das wünsch!“. Er war immerhin der Sprache mächtig. (Ich musste damals meinen Ehemann bitten, diese Bedrängnis von mir abzuwehren, was mir mafiose Verfolgungsaktivitäten des verhinderten Lüstlings einbrachte). Einen Wiener Stadtrat und angeblichen Wirtschaftsexperten mit ähnlichen Zumutungen konnte ich einige Jahre später mit dem Satz „Was zahlst?“ vergraulen. (Ich hoffe der zwischenzeitlich Verblichene hat diesen meinen „schwarzen Humor“ verstanden!) Humor ist durchaus eine Medizin für „sozial Desorientierte“: Ich zitiere immer wieder eine Besucherin in dem von mir als Modellversuch erfundenen und realisierten ersten Club Bassena in der Per Albin Hansson Siedlung Ost, die die Hand des neben ihr sitzenden Mannes, die sich auf ihren Oberschenkel „verirrt“ hatte, sanft auf seinen zurück legte und gespielt besorgt fragte: „Hast keinen eigenen Oberschenkel?“ (Weitere Anregungen finden sich in meinem Buch „Heilkraft Humor“.)

Es braucht Kreativität und sprachliche Kompetenz, andere Kontaktweisen zu finden / erfinden, als mit der (Hosen-)Tür ins Haus (Revier) zu fallen. Man darf auch „Silberne Rosen“ überreichen, gerade in Österreich, der Heimat des „Rosenkavaliers“. Sprache, Kreativität, Spiel, Witz – und alles unter Gewaltverzicht – das gehört zur Kultur und die unterscheidet uns vom sprachlosen Tier. Wie eine solche „Intervention“ bei der anderen Person ankommt, liegt allerdings außerhalb der eigenen Macht.